Bestehende Freundschaften pflegen und neue Kontakte knüpfen
Nottuln./Chodziez. „Es ist ein bisschen wie nach Hause kommen“, sagte Bürgermeister Dr. Dietmar Thönnes in seiner kleinen Ansprache anlässlich des Besuchs in Nottulns Partnerstadt Chodzież. Eine Gruppe von Nottulner:innen – neben Bürgermeister Thönnes, Städtepartnerschaftsvorsitzender Robert Hülsbusch, Pfarrerin Regine Vogtmann von der evangelischen Friedensgemeinde und Pfarrdechant Norbert Cassens sowie Vertreter der Nottulner Feuerwehr unter der Leitung von Feuerwehrchef Udo Henke machten sich vor einigen Tagen auf die Reise ins rund 800 Kilometer entfernte Chodzież. Mit der Stadt in der Nähe von Posen (polnisch Poznań) ist das Stiftsdorf seit 1992 städtepartnerschaftlich verbunden.
In diesem Jahr hatte die Herbstfahrt nach Chodzież zwei Schwerpunkte: Der Austausch zwischen den beiden christlichen Kirchen sowie ein Treffen der beiden Feuerwehren. Zusätzlich gab es ein Programm, an dem alle Nottulner:innen gemeinsam teilgenommen haben. Erarbeitet wurde es unter anderem von Beata Roguszka, der Städtepartnerschaftsvorsitzenden auf polnischer Seite, die die Nottulner:innen am Morgen des ersten Besuchstages zusammen mit dem stellvertretenden Bürgermeister Piotr Witkowski im Rathaus begrüßte.
Danach stellten die Gastgeber:innen zunächst ihre Stadt in Wort und Bild vor. Dabei erfuhren ihre Gäste, dass die Zahl der Einwohner:innen in Chodzież beständig sinke: Die jungen Leute ziehen ins Umland und die größeren Städte, die Geburtenzahl ist rückläufig und auch Corona hat die Bevölkerungszahl dezimiert. Während Chodzież 2011 noch 19406 Einwohner:innen hatte, waren es Ende vergangenen Jahres noch 16874.
Anschließend hatten die Vertreter:innen von fünf Nichtregierungsorganisationen (NGO) das Wort. Sie stellten ihre Verbände vor – unter anderem der 1994 gegründete Wirtschaftsclub von Chodzież, dessen erklärtes Ziel es ist, der Bevölkerung ein positives Bild der angeschlossenen Unternehmen zu vermitteln und deren guten Ruf zu stärken.
Erstaunlich hoch ist auch die Zahl der NGO, die sich um die Belange von Senioren und Behinderten kümmern. Staatliche Unterstützung gibt es kaum bis gar nicht. Sowohl Senior:innen als auch Menschen mit Handicap werde meist privat betreut, die Finanzierung der Maßnahmen und Angebote erfolgt meist über Spenden. Dasselbe Schicksal haben in Polen auch Menschen, denen eine Hüftgelenks-OP bevorsteht oder die sie gerade hinter sich haben. Reha-Plätze sind rar und die Therapie müssen die Patienten selbst zahlen.
Aus diesem Grund entstand 2007 der Behinderten-Verband, der anfänglich nur diese Patienten unterstützte und mittlerweile seinen Tätigkeitsbereich ausweitete, um dem schlecht funktionierenden polnischen Gesundheitssystem entgegenzuwirken.
Bürgermeister Jacek Gursz war an den ersten beiden Tagen nicht an der Seite seiner Gäste aus Deutschland und das hatte auch einen guten Grund: Als Mitglied im Bundesvorstand der liberalen und EU-freundlichen Partei Platforma Obywatelska (Bürgerplattform) war er in Warschau, um gemeinsam mit Oppositionsführer Donald Tusk das weitere Vorgehen nach den Wahlen zu beraten, bei denen die amtierende Regierungspartei PIS empfindliche Verluste eingefahren hatte.
Gursz begleitete die Gäste bei einem Besuch der Morzewski-Hügel, die in der Nähe von Chodzież liegen. Dort wurden am 7. November 1939 40 Männer, die zur Elite von Chodzież und den anliegenden Orten gehörten, von Soldaten der Wehrmacht erschossen. Nur ein Zufall führte dazu, dass das Massaker nicht unentdeckt blieb. Den Toten zur Erinnerung entstand dort ein Gedenkort, den die Nottulner:innen besuchten und dort einen Blumenstrauß mit weißen Lilien niederlegten.
Die Besichtigung einer Erdbeerplantage, die bis in den November hinein leckere und zuckersüße Früchte produziert, der Besuch eines Automuseums in Budzyń, ein abendlicher Spaziergang durch die Partnerstadt, eine Wanderung auf den fast 200 Meter hohen Gontyniec durch den herbstlich-gefärbten Buchenwald mit anschließendem Biwak rundeten genauso wie das Feiern einer Heiligen Messe in der neuen katholischen Kirche von Chodiez den gelungenen Besuch in Nottulns Partnerstadt ab. Auch Städtepartnerschaftskomitee-Vorsitzender Robert Hülsbusch freute sich über den Verlauf des Besuchs: „Es war eine gute Gelegenheit, bestehende Freundschaften zu pflegen und neue Kontakte zu knüpfen.“
Es war ein Treffen unter Freunden, verbunden mit der großartigen Gastfreundschaft der Polen – das stellten auch rasch die Neulinge fest, die an den regelmäßig stattfindenden Besuchen das erste Mal teilnahmen. Es waren Tage, die bei den Gästen aus dem Münsterland einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben und den dringenden Wunsch, auf jeden Fall wiederzukommen.